Der links-grüne Elitentraum ist ausgeträumt!

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Beitrag von Ulf Poschardt in der WELT:

"Linke, Grüne und ihnen ergebene Medien träumten lange davon, dem Land ihre Elitenideologie aufzuzwingen. Lästige Tatsachen? Wurden ignoriert, von Migration bis Klima. Doch nun schlägt diese Realität umso heftiger zurück. Der Israel-Hass mancher migrantischer Milieus ist nur ein Beispiel.

Die Linke hatte einst einen Wahrnehmungsvorsprung. Sie blickte weit in die Zukunft, weil sie von Utopien träumte. Diesen Vorsprung haben die Linken gegen Macht eingetauscht. Heute beschränken sich Teile der linken Wahrnehmungsarbeit auf die Absicherung der eigenen Macht. Ein verkehrter Walter Benjamin: Der Engel der Geschichte läuft mit geschlossenen Augen rückwärts einer unsicheren Zukunft entgegen.

Jüngstes Beispiel sind die Wahlen in Bayern und Hessen: Linke Medien versuchen, aus den beiden Siegen der Union eine Niederlage zu machen. Die Grünen aus Bayern sehen die Zeit für einen „Notfallplan für die Demokratie“ gekommen. Im WDR werden Politikwissenschaftler interviewt, die erklären, warum die Union gescheitert ist. Und das bei einem Plus von 7,6 Prozentpunkten für Boris Rhein in Hessen.

Den Ton gesetzt hatte eine denkwürdige Talkrunde am Sonntag nach zwei Landtagswahlen und einem aufziehenden Krieg im Nahen Osten. Eine der dienstältesten Großmeisterinnen der politischen Debatte, Anne Will, lud zu einer Show, in der, wie leider seit Jahren üblich, bürgerlich-konservative Ansichten zum Türöffner rechtsradikaler Entgrenzung stilisiert werden sollten.

Mein Kollege (und Freund) Robin Alexander hatte was dagegen: „Warum ist jetzt der heutige Abend ein Anlass, um über irgendwas zu reden, was Friedrich Merz angestellt hat? Die Union hat beide Wahlen gewonnen – und der in München, der Konkurrent von Merz ist, hatte einen schlechten Abend. Also was genau hat Friedrich Merz jetzt wieder angestellt, dass wir alle über ihn reden?“

Spätestens seit Januar 2018 hatte die großstädtische Bourgeoisie einen linken Traum, der die eigene Privilegiertheit mit moralischer Dekoration und vermeintlich progressiver Politik entlang der eigenen Lebensentwürfe belohnen sollte. Mit Robert Habeck und Annalena Baerbock war eine grüne Doppelspitze gewählt worden, die das Ansehnlichkeitsbedürfnis dieser Bourgeoisie ebenso verkörperte wie den eitlen Idealismus, der immer nur knapp an hanebüchener Naivität vorbeischrammte.

In Migrations-, Klima- und Sozialpolitik sah man sich als Verlängerung und Fortsetzung Merkelscher Realpolitik, die ihre Partei nach links verschoben hatte – mit fatalen Konsequenzen für die Repräsentation konservativer und auch reaktionärer Stimmen, die zur AfD gewechselt sind. Dass jetzt in Bayern und Hessen mehr junge Bürger AfD als die Grünen gewählt haben, ist auch schnell erklärt: Wer Kinder in der Schule hat, weiß, dass die in der S-Bahn, im Bus, auf dem Pausenhof und über einschlägige TikTok-Videos längst wahrnehmen, wie gefährlich Teile der Migrationsnaivität geworden sind. Die „Schweinefleischfresser“ werden in jeder Tonlage deutschfeindlich beleidigt.

Es war ein Wohlstandstraum einer Moral, die man sich glaubte, leisten zu können, weil die (gerne von ihnen auch verachtete) hart arbeitende Mittelschicht ebenso wie die supererfolgreichen Unternehmer zur Kasse gebeten werden sollten. Die Moral kam mit der Umverteilung, die einen weiten Bogen um die verbeamtete obere Mittelschicht machte, welche diese Bourgeoisie trug. Corona wurde als Ermutigung verstanden, die beim Durchregieren störende individuelle Freiheit und die Restbestände liberalen Selbstverständnisses auszuhebeln.

Angst zieht in Deutschland immer – und so wurden und werden in Corona- und Klimafragen die Apokalypseängste bedient. So auch vor Gentechnik und modernster Technologie.

Die Maßlosigkeit der rotgrünen Kulturelite kannte kein Halten. Zur Coronazeit wurden selbst unmenschliche Entscheidungen gefeiert, das moralisch eitle Publikum jubelte über jeden noch so harten Lockdown. Deshalb gab es anfangs auch viel Verständnis für Klimaaktivisten und Sprachpolizisten. Die mittelmäßigste Bourgeoisie der Bundesrepublik sah sich an allen Hebeln der Macht. Es fehlte nur die grüne Kanzlerin.

Aber in der Hybris lag der Anfang vom Ende der Träume: im gepfuschten Werk der Kandidatin, in der Verhöhnung aller Kritiker der Corona-Maßnahmen, in dem Kampf gegen alte, weiße Männer und in dem Atomkraft-Ausstieg, der für Veteranen wie Jürgen Trittin gedacht war. Natürlich sind es nicht die Grünen alleine. Auch die SPD und Teile der Linken hampeln den Trends hinterher. Leider tun dies auch JuLis und linke Unionisten. Der deutsche Kulturbetrieb ist bis auf kleinste Widerstandsgruppen sowieso dabei.

Die Energiewende ist lächerlich. Zu erklären, die ganze Welt werde uns damit folgen, ist wieder Realitätsleugnung. Ähnlich wie das Gefasel vom grünen Wirtschaftswunder, das vom Bundeskanzler und dem Rest des Kabinetts erzählt wird. Das Gegenteil ist der Fall: Deutschland verliert Woche für Woche weitere Teile des Fundaments des Wohlstands und die Startrampen künftigen Wachstums.
Die Wirklichkeit drückt die Türen ein

Einzig Figuren wie Boris Palmer versuchen wenigstens noch, die Realitätsrepräsentationslücke zu schließen. Zumal die Entzauberung schnell geht. Die Wirklichkeit kann so lange weggequatscht und ignoriert, die eigene Blase kann so lange idealisiert werden, bis diese Wirklichkeit die Tür des Elfenbeinturms eindrückt. Für einige begann das mit den Geschehnissen auf der Kölner Domplatte Silvester 2015. Für andere war es Silvester in Berlin 2022.

Das Abschmieren der Wirtschaft, die Überforderung der Kommunen, das Verweigern jeder Abschiebung, die Verklärung der Klimakleber bei gleichzeitiger Demütigung der Autofahrer. Die Sprachjakobiner und Cancel-Orgien, das Verbieten von Indianern und Schweineschnitzeln usw. usf. – man gähnt beim Schreiben.

Aber irgendwann war es genug. Die Wahlergebnisse in Bayern und Hessen zeigen: Diese rotgrünen Umerziehungs- und Moralträume sind ausgeträumt. Der Krieg gegen Israel und dessen Feier in migrantischen Milieus verdeutlichen auch, wie lächerlich es ist, „Nie wieder!“ zu schreien und gleichzeitig Flüchtlinge aufzunehmen, die, wie in Videos zu sehen, die Hamas-Barbarei bejubeln.

Das Problem für die sich links-liberal dünkenden Eliten aber ist, dass die Realität nicht mehr eingefangen werden kann. Die Realität ist da, und die Ampel kann sich entscheiden, diese Realität zu verändern oder von diesen Realitäten weggefegt zu werden. Die komplett dysfunktionalen Islamverbände, radikale Moscheen mit ihren ekelhaften Predigern, die Dutzenden von NGOs, die jedem radikalen identitätspolitischen Stuss ein Forum geben – und immer und immer wieder der ÖRR, der aktuell maximal ein Drittel der Wähler:innen (sic!) repräsentiert.

Die Bilder der globalen Jubelfeiern im freien Westen zeigen, dass es einen Teil der muslimischen Zivilgesellschaft gibt, der mit dem Westen nichts anfangen kann und ihn offen verachtet. Dialektisch muss es zur Willkommenskultur eben auch eine Unwillkommenskultur geben für jene Migration, die am Ende das Zusammenleben aufgeklärter, liberaler, freier Bürgerinnen und Bürger gefährdet.

Von Elie Wiesel stammt der Satz, dass Juden für freie Gesellschaften wie der Kanarienvogel in der Kohlemine Frühindikatoren für eine Vergiftung des Miteinanders sind. Teile der muslimischen Kultur zeigen, was darunter zu verstehen ist. Die verstörenden Bilder aus Deutschland, von den Pausenhöfen über die Insta-Accounts migrantischer Popstars bis hin zu den israelfeindlichen Demonstrationen, verdeutlichen, dass die Naivität in der Migrationsfrage längst zu einer Existenzfrage geworden ist.
Kein Verständnis, keine Tolerenz

In aktuellsten Umfragen wird deutlich, dass selbst eine knappe Hälfte der Grünenwähler in Bayern und Hessen eine andere Migrationspolitik wollen. Bei der SPD sind die Zahlen noch drastischer, und das Geschäftsmodell der Sahra Wagenknecht wird sein, jene sozialistischen Etatisten ohne jede Lust auf Migration einzusammeln.

Wer das Ermorden von Israelis feiert und beklatscht, sollte hier weder Asylrecht besitzen noch geduldet, sondern abgeschoben werden. Wer es in Flüchtlingslagern tut, sollte gehen müssen. Und zwar so unverzüglich wie möglich. Das ist nicht nur Teil unserer historischen Verantwortung, sondern auch ein Akt des Selbstschutzes gegen das Gift eines vulgär-mittelalterlichen, komplexiven Todeskultes, der wissen sollte, dass es für ihn kein Verständnis und keine Toleranz geben wird."