"Follow the science - nur eine populistische Mobilisierungsparole und ein Trugschluss?

Die mediale Inszenierung der Coronakrise und konstruierte Erwartungen an eine politische Führungsrolle von Experten, gehen meilenweit an der Realität vorbei. "Follow the science" ist dabei nur eine populistische Mobilisierungsparole eines neuen Aktivismus. Aber ein Trugschluss.

(Auszug eines Beitrags aus der Wochenzeitung 'der Freitag): 

"DER Wissenschaft zu folgen, musste in der Coronakrise schon deshalb in die Irre führen, weil gar keine Instanz existiert, die den Erkenntnisstand der relevanten Forschungsgebiete aufbereitet und bekannt gibt...

Sobald die globale Dimension der Krise sichtbar wurde, entstand ein unkoordinierter Wettbewerb unter Forschenden um die Bereitstellung relevanter Expertise, ausgetragen auf Preprint-Servern und Twitter... Studienautoren machten sich zu Experten in eigener Sache, indem sie ihre provisorischen Forschungsbefunde gleich mit Empfehlungen oder Warnungen an die Politik versahen...

So sorgten sie dafür, dass die politische Diskussion startete, bevor die wissenschaftliche Prüfung begonnen hatte. Für Regierungen und ihre Beratungsstäbe wurde die Situation noch unübersichtlicher und unsicherer, als sie ohnehin schon war. Medial sahen sie sich unter Druck gesetzt, „der“ Wissenschaft zu folgen, real waren sie mit einer Vielfalt an unbestätigten Expertenmeinungen konfrontiert. Die meisten Regierungen suchten ihre Rettung darin, jenen Expertenstimmen Gehör zu schenken, die zugleich wissenschaftliches Renommee ausstrahlten und ihren politischen Ansichten nahestanden, um diese dann in der Öffentlichkeit als „die“ Wissenschaft auszugeben...Wenn Politiker in der Coronakrise sagen, sie folgen der Wissenschaft, so meinen sie „unseren Wissenschaftlern“..."

Während der Pandemie sind viele Konflikte entstanden, vor allem Wissenskonflikte. Es geriet aus dem Blick, dass man sich in einer Pandemie, gerade weil es um die Abwägung von Grundwerten wie Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit geht, zugleich wissenschaftlich einig und politisch uneinig sein kann. Hätten Wissenschaft, Medien und Politik dafür ein Einsehen gehabt, wäre wohl nicht soviel intolerante Bitterkeit entstanden, die nicht zuletzt zu einer Gesellschaftsspaltung führt, derern Folgen noch unübersehbar sind.