Warum irrten die Prognosen der Corona-Pandemie-Modellierer so oft?

Warum irrten die Prognosen von Modellierern so oft, was die Entwicklung der Corona-Pandemie betrifft und wie hätte es anders laufen müssen? Ein selbstkritischer Statistiker und Modellierer erklärt:

(1)
"Die gemeldeten Fallzahlen, die den Anstieg der Aufhellung des Dunkelfeldes beinhalten - durch Schnelltests bei meist asymptomatischen Gruppen (Kita-Kinder, Schüler) und anschließender Verifizierung durch-Test - sind die Grundlage für die Modelle." 
(2)
"Wenn ich nun diese Datengrundlage nehme und den Anstieg prognostiziere, tue ich so, als wenn die Aufhellung des Dunkelfeldes die Änderung des Infektionsverlaufs widerspiegelt. Das ist jedoch nicht so, denn zumindest ein Teil des Anstiegs ist dem Testverhalten zuzuschreiben."
(3)
"Gerade bei Zeitreihenanalysen schaut man sich an, ob die Zahlen zeitlich miteinander vergleichbar sind. Denn nur wenn sie zeitlich miteinander vergleichbar sind, kann eine möglichst saubere Zeitreihenanalyse stattfinden. Doch gerade durch die veränderte Teststrategie mit Einführung der Schnelltests ist eine zeitliche Vergleichbarkeit nicht gegeben. Hierzu benötigen wir die dauerhafte Untersuchung einer repräsentativen Stichprobe, um saubere Daten zu erhalten."
(4)
"Doch als die Modelle veröffentlicht wurden, wurde auf diesen Umstand nicht hingewiesen. Auch im Nachhinein wird die Verhaltensänderung der Menschen als Hauptgrund für die falschen Prognosen herangezogen, nicht aber die fehlerhaft genutzte Datengrundlage."
(5)
"Es wird darauf hingewiesen, dass die Verhaltensänderung der Menschen die Reduktion der Fallzahlen bewirkt hat, nicht jedoch, dass eine Veränderung im Verhalten bezgl. der Tests zum Anstieg der Fallzahlen beigetragen haben können."
(6)
"Nun wird davon gesprochen, dass es Szenarien sind. Das ist natürlich korrekt. Aber dann müssen auch die anderen Szenarien präsentiert und mitgeteilt werden, wovon sie abhängen. Warum wird das nicht bei der Vorstellung der Modelle kommuniziert, sondern erst im Nachhinein?"
(7)
"Auch werden die Modelle von einigen Modellierern verteidigt und hauptsächlich auf Verhaltensänderung der Menschen zurückgeführt. Dass die Saisonalität eine Rolle spielt, wird, wenn überhaupt, nur untergeordnet erwähnt."
(8)
"Oftmals stammen solche Prognosen von Verfechtern der No-Covid-Bewegung (ohne Wertung!). Dabei beschleicht mich das Gefühl, dass deshalb auch eher die Modelle mit hohen Werten veröffentlicht und die Probleme der Modelle nicht kommuniziert werden."
(9)
"Politische Entscheidungen sind nicht durch die Modellierer zu forcieren. Modellierer liefern ALLE Informationen aus den Daten, damit zumeist andere in der Lage sind Entscheidungen zu treffen. Modelle dürfen daher nicht politisch motiviert sein."
(10)
"Aus virologischer Sicht ist es sicherlich immer am Besten, wenn Menschen nicht aufeinander treffen, damit Viren nicht auf andere Menschen übergehen können. Doch das kann ja kein dauerhaftes Ziel sein. Deshalb müssen auch andere Sichtweisen berücksichtigt werden."
(11)
"Natürlich gibt es bei den Modellierern auch gute, erfahrene Modellierer. Aber es wurden auch Modelle von Personen veröffentlicht, wo nicht klar ist, woher die Expertise stammt. Die Presse muss darauf achten, ob ein Modellierer tatsächlich die Expertise mitbringt."