Sind Menschen glücklicher, wenn sie selbstbestimmt leben können?

[Gedanken des deutschen Philosophen Gunnar Kaiser]

<< Ich glaube, dass der Mensch glücklicher, und auf bereichernde Art glücklicher ist, wenn er das Gefühl hat, sein eigener Herr zu sein, hat C. S. Lewis einmal gesagt.
Kann er aber dieses Gefühl haben, wenn ihm bis in die Details seines Alltags und seiner Lebensführung gesagt wird, wie er sich zu verhalten hat? Kann der Mensch sein eigener Herr sein, wenn der Staat sich zu seinem Erzieher, Beschützer und Pfleger macht? Wenn sein Despotismus, wie Alexis de Tocqueville schon 1831 voraussagte, die Menschen erniedrigt, ohne sie zu quälen?
Kann eine Gesellschaft ein menschenfreundliches Leben ermöglichen, wenn sich ihre Mitglieder gegenseitig ausspähen, verdächtigen und denunzieren und sie von einem Verordnungsstaat drangsaliert, gegängelt und in Fragen bevormundet werden, die in ihre privatesten Angelegenheiten fallen: ob sie sich etwas vor Mund und Nase hängen, mit wem und wie vielen sie sich treffen, wann und unter welchen Umständen die Geschäfte treiben, wie sie ihre Kinder erziehen, ob sie ihre Eltern und Großeltern besuchen, wie sie Informationen zu bewerten haben, ob sie sich impfen lassen ...? >>

Die Erfahrungen der Coronakrise lassen Zweifel aufkommen, ob selbstbestimmtes Leben wirklich DER erstrebenswerte Leitgedanke für ein glückliches Leben ist. Viele Menschen erwecken nach vielen Monaten der Pandemie den Eindruck, dass sie sich durch die vielen Corona-Maßnahmen sogar sehr aufgehoben und geborgen fühlen, bereit sind, sich einem starken Staat unterzuordnen. Ja sie lechzen fast schon nach Verlängerung oder Verschärfung der Maßnahmen. Das ist eigentlich beängstigend und gleicht fast schon dem Stockholm-Syndrom. Haben die Coronamassnahmen-Abnickenden, (grund)angepassten Menschen etwa Angst vor zuviel Selbstbestimmtheit? Ist schon wieder die Zeit gekommen für weniger Demokratie, dafür mehr Totalitarismus? Will die Zivilgesellschaft überhaupt noch für ein selbstbestimmtes Leben in einer freien Demokratie eintreten, sogar dafür kämpfen? Oder hat uns das Wohlstandsleben bequem und passiv gemacht?