Corona und die verrutschte Sicht auf Lebensrisiken

Das Jahr 2020 hat erstaunliches gebracht: eine breite gesellschaftliche Angst, die sich seitdem auf eine Infektionsform fokussiert hat: die neue Atemwegsinfektion "Coronavirus SARS_Cov_2". Die Gesellschaft war und ist anscheinend bereit, in der Bekämpfung dieser einen Erkrankungsform massivste Grundrechtseinschränkungen zu akzeptieren. Ist das eine gerechtfertigte objektive Angst oder eine durch dramatisierte politische Kommunikation geschaffene subjektive Angst?

Wie kann es sein, dass SARS_Cov_2, eine Infektionsform, die 99% der Weltbevölkerung ziemlich in Ruhe lässt, 99,8% der tatsächlich Infizierten nicht umbringt und weltweit eine Infektionssterblichkeitsrate (IFR) von gerademal 0,2% hat (siehe Studien von Prof.Ioannidis, Stanford University, USA), das politische Handeln und gesellschaftliche Leben so dominieren kann? Rein medizinische Gründe oder doch mehr politische? Schauen wir uns mal die medizinische Seite etwas genauer an.

In 2020 sind insgesamt 980.000 Menschen in Deutschland gestorben, ca. 40.000 davon - laut RKI - (angeblich) im Zusammenhang mit Covid_19 (der Krankheitsform von SARS_Cov_2), also 4,08% der insgesamt Verstorbenen. Das heisst auch, dass mindestens 940.000 Menschen in 2020 an ganz anderen Ursachen verstorben sind. Haben wir als Gesellschaft das Sterben dieser 940.000 Menschen vor lauter Corona überhaupt noch wahrgenommen, hat uns das erschreckt oder haben wir das (ebenfalls) bedauert im Sinne "jeder Tote ist einer zuviel"?

Wissen wir eigentlich noch, wie intensiv Krankheiten immer schon unser Leben begleiten, beeinträchtigen und zum Teil recht frühzeitig beenden, ja das Krankheiten und der von ihnen verursachte Tod unser Leben untrennbar mitbestimmen? Trotzdem haben wir das alles in unser Leben integriert und bis Ende 2019 eine Normalität gelebt, in der wir 'Leben & Lebensrisiken' einigermaßen ausbalanciert gestaltet haben. Und wir hatten immer schon viel auszubalancieren. Warum nur ist uns das seit Corona2020 anscheinend nicht mehr möglich, haben wir stattdessen alles EINER Erkrankung untergeordnet. Obwohl wir längst gelernt haben, dass Corona nicht die Bevölkerungsbedrohung ist, wie das im März 2020 zunächst angenommen wurde - das aber mit Lockdowns und Einschränkungs-Massnahmen Kollateralschäden verbunden sind, deren Ausmaß noch unübersehbar sind. Haben wir 'Gesundheit' irgendwie zu einer neuen Ideologie erhoben, der wir bereit sind alles unterzuordnen, auch die Aufgabe von individueller Freiheit und Demokratie? Die Journalistin, Autorin und Verfassungsrichterin Juli Zeh beschrieb schon vor 10 Jahren in ihrem Roman "Corpus Delicti" ein sich abzeichnendes Zeitalter der 'Gesundheits-Diktatur'. 

Schauen wir genauer hin, fallen uns schnell andere bekannte Infektionskrankheiten ein, wie z. B. Tuberkulose, Aids oder MSRA-Keime (an denen jährlich in Deutschland 20.000 Menschen versterben). Aber wer von uns kennt auch z. B. die sogenannten "Seltenen Erkrankungen"? Selten? Ist relativ: Mehr als 6.000(!) verschiedene seltene Krankheiten sind bislang bekannt. Dadurch summiert sich auch die Gesamtzahl der Betroffenen zu einer stattlichen Zahl. In der europäischen Union leiden etwa 30 Millionen Menschen unter einer seltenen Erkrankung, weltweit etwa 10x so viele. In Deutschland sind es Schätzungen zufolge ungefähr vier Millionen Menschen. Sechs bis acht Prozent der Bevölkerung sind betroffen. 


Seltene Krankheiten verlaufen fast immer chronisch und führen häufig zu schweren, dauerhaften Beeinträchtigungen. Die meisten sind nicht heilbar und nur einige lassen sich gut behandeln. Viele seltene Erkrankungen sind lebensbedrohlich, bei manchen versterben die Patienten schon im Kindes- oder Jugendalter. Bei etwa der Hälfte der Patienten zeigen sich die ersten Symptome schon kurz nach der Geburt oder treten in der frühen Kindheit auf.


Wir als Menschen sind also eingehüllt in einer Blase von unzähligen Krankheiten und anderen Risiken. Und trotzdem waren wir bisher in der Lage, damit umzugehen und unser Leben recht selbstbestimmt und mit immer längerer Lebenserwartung zu gestalten. Jetzt greifen wir plötzlich EINE Erkrankungsform heraus und meinen, unser Leben umgestalten zu müssen.

Die zentralen Fragen, die sich für uns als Gesellschaft stellen: 
1. Wie wollen wir in Zukunft mit Infektionen/Krankheiten/Tod umgehen, was sind wir bereit in welchem Maße zu akzeptieren? 
2. Sind wir bereit, die Balance von 'Leben & Lebensrisiken' zugunsten der Lebensrisiken zu verschieben, wollen also mehr Sicherheit und sind im Gegenzug bereit, dafür mehr an indidueller Freiheit und gesellschaftlicher Demokratie aufzugeben? 

Das sind die entscheidenden Fragen und nicht, 
> ob EINE neue Infektionsform, reduziert auf 'Inzidenzwerte', das alleinige Mass für die Art gesellschaftlichen Lebens sein soll, 
> ob die Art von Masken, deren richtiger Sitz 
> oder wer wann mit welchem Impfstoff geimpft wird, 
> und ob das alles über unseren Grundrechten steht, 
zentrale Themen unseres täglichen Miteinanders sein sollen und dürfen. Wir als Zivilgesellschaft müssen uns entscheiden und zwar recht bald.