Angst vor Eigenverantwortung? Oder warum geben wir die Hoheit über unsere Lebensgestaltung ab?

Der Physiker Vince Ebert schreibt in seinem Text (siehe unten), dass "... wir von der Politik in einem immer stärkeren Maße gefordert haben, dass sie uns..."
"Wir"? Also ich habe das alles bei den gemeinten Politikern nicht in Auftrag gegeben. Das muss wohl so ein "virtuelles WIR" gewesen sein, eine Ansammlung von Einzelnen und kleineren Interessengruppen.

Die Lebensgestaltung liegt m. M. 
vor allem und besonders in der Eigenverantwortung des Einzelnen. Der Staat kann/sollte höchstens Leitplanken aufstellen, Hilfen bereitstellen, die der Einzelne abrufen kann, aber nicht muss. Leider hat die Generation der heutigen Politiker - nicht zuletzt, weil wir als Gesellschaft diese Politiker von unserer Couch aus auch gewähren lassen - den "Staat" zum Selbstzweck erhoben, dem die Bürger als Art "Untertanen" zu "dienen" haben und der sich immer tiefer und bevormundender in die Lebensgestaltung der Menschen bohrt, ungefragte Umgestaltung der Gesellschaft inklusive. 

Wenn wir als Gesellschaft selbstbestimmt leben wollen - natürlich nur wenn - ist es mit die wesentlichste Zukunftsaufgabe, uns aus der schleichenden Unmündigkeit zu befreien. Das heisst auch für Jeden, nicht weiter andere oder gar den Staat für das eigene Leben(sglück) in die Verantwortung zu nehmen. Also: "Keine Angst vor Eigenverantwortung!" Ich weiss, das ist ein optimistischer Wunsch. 

*** [Vince Ebert] ***
<< Seit Jahrzehnten haben wir von der Politik in immer stärkerem Maße gefordert, dass sie uns vor den Zumutungen und den Risiken des täglichen Lebens bewahren soll. Wir beklatschten Mietpreisbremsen, Kündigungsschutz und Ernährungsampeln. Die Politik soll regeln, welche Autos wir zukünftig fahren dürfen, welcher Strom produziert wird, wie viele Frauen in Vorständen sitzen müssen, mit welchen Methoden Lebensmittel hergestellt werden und in welchen Tüten wir sie vom Supermarkt nach Hause tragen. Es gibt fast keinen Bereich in unserem Leben, in dem wir der Politik keine maßgebliche Entscheidungsbefugnis zugestanden haben. 
Dadurch haben wir eine Klasse von Politikern herangezüchtet, die sich gegenseitig mit immer größeren Rundum-Sorglos-Paketen überboten hat. Menschen, die uns versprachen, dass die Renten sicher sind, dass die Energiewende nur eine Kugel Eis kostet, und dass wir das schaffen. 
Stück für Stück haben wir der Politik freiwillig und ohne Not immer mehr Kontrolle und Verantwortung über unser Leben übergegeben. 
Und nun machen wir genau diese Leute dafür verantwortlich, dass die Sache mit dem Impfen nicht so richtig funktioniert. Wir sind empört und beschimpfen sie als inkompetent und unkoordiniert. Und wie kleine Kinder fühlen wir uns hilflos. Aber im Gegensatz zu unschuldigen Kindern haben wir uns selbst in unsere eigene Hilflosigkeit hinein manövriert. 
Welche Lehren werden wir aus dieser Zeit ziehen? Ich befürchte, die falschen. Möglicherweise werden wir nach dieser Krise andere Politiker wählen. Aber es werden mit ziemlicher Sicherheit wieder Politiker sein, die uns irgendwelche Rundum-Sorglos Pakete versprechen. Wir können wahrscheinlich nicht anders. Weil wir verlernt haben, Verantwortung für unsere Entscheidungen zu übernehmen. Und weil wir Angst davor haben, unser Leben in die eigenen Hände zu nehmen.>>